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Fachtagung 2019

Integration digitaler Kompetenzen unter Gender- und Diversity-Aspekten

Die erfolgreiche Fachtagung vom 18. März 2019 hat zu vielen Eindrücken, fruchtbaren Ideen und neuen Netzwerken geführt. Hier haben Sie Zugriff auf alle Tagungsinformationen, wie dem Programm, dem Tagungsbericht mit allen Vorträgen und Präsentationen, der Posterausstellung und natürlich einer Bildergalerie.

Björn Thümler MdL

"Vor welche Herausforderungen stellt der digitale Wandel die Hochschulen mit Blick auf Gender- und Diversity-Aspekte? Dieser Frage wendet sich Ihre heutige Tagung zu. Wenn es darum geht, die Chancen der Digitalisierung für das Land zu nutzen, kommt den niedersächsischen Hochschulen in vieler Hinsicht eine zentrale Bedeutung zu.

Auf der einen Seite sind wir in der digitalen Transformation auf akademisch qualifizierte Fachkräfte angewiesen. Gleichzeitig sind die Hochschulen gefragt, wenn es um den nötigen Erkenntnisgewinn zur Weiterentwicklung, zu den Folgen und zum gesellschaftlichen Umgang mit der Digitalisierung geht. Deshalb fördert das Land die Einrichtung von bis zu 50 unbefristeten Digitalisierungsprofessuren an den staatlichen Universitäten und Fachhochschulen. Dafür stehen jährlich 8,76 Mio. Euro zur Finanzierung der Professuren im Landeshaushalt bereit. Flankierend wird die VolkswagenStiftung die Arbeit der Professuren über das Niedersächsische Vorab mit weiteren ca. 40 Millionen Euro fördern.

Von den Digitalisierungsprofessuren erhoffen wir uns, dass sie die Vermittlung grundlegender digitaler Kompetenzen im Studium nachhaltig voranbringen. Das ist nicht nur für die Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandortes Niedersachsens wichtig. Auch Wirtschaft und Verwaltung sind immer stärker auf informationstechnische Fachkräften und digital kompetenten Expertinnen und Experten angewiesen. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt natürlich im Bereich der klassischen Informatik. Durch die Professuren werden nicht nur sukzessive die Studienanfängerkapazitäten erweitert, es bietet sich auch die Chance, das Studienangebot inhaltlich zu verbreitern und zu bereichern. Aber auch andere Fächer außerhalb der Informatik können mit überzeugenden Konzepten an den Digitalisierungsprofessuren teilhaben. Schließlich betrifft die digitale Revolution sämtliche Lebensbereiche und wirkt sich damit auch akademisch außerhalb der informationstechnischen Fächer aus. In diesen Zusammenhang gehören auch die Gender- und Diversity-Aspekte der Digitalisierung. Den Berufungsverfahren für die Digitalisierungsprofessuren liegen zudem die „Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards“ der DFG zugrunde.

Die große Gesellschaftsstudie D21-Digital-Index bietet ein jährliches Lagebild zum Digitalisierungsgrad der Gesellschaft in Deutschland. Sie hat einen deutlichen „Gender-Gap“ ausgemacht: Unterschiede zwischen den Geschlechtern treten nicht nur bei über 50-Jährigen auf. Die Studie hat gezeigt, dass auch Frauen unter 20 Jahren intelligente Geräte deutlich weniger nutzen und sich für sie interessieren als gleich alte Männer. Gleiches gilt für die Kompetenz, technische Geräte zu programmieren und zu installieren. Daraus ergibt sich die Gefahr, dass Stereotypen aus der „analogen Zeit“ über die digitale Transformation hinauswirken und sich weiter verfestigen. Der Blick sollte sich also darauf richten, wie der Unterschied zwischen Männern und Frauen bei den digitalen Kompetenzen möglichst frühzeitig thematisiert und analysiert werden kann. Nur dann lassen sich Wege finden, Chancengerechtigkeit auch unter den Rahmenbedingungen der Digitalisierung zu wahren.

Eine Möglichkeit hierzu bietet das erfolgreiche Niedersachsen-Technikum zur Gewinnung des weiblichen Nachwuchses für MINT-Berufe. Das Niedersachsen-Technikum wird aktuell an sieben Hochschulen und Universitäten des Landes angeboten. Dazu kooperieren Hochschulen und Universitäten mit etwa 100 Unternehmen und bieten Abiturientinnen eine sechsmonatige Orientierungsphase in MINT-Berufen. Das Konzept bewährt sich im Erfolg: 90 Prozent der Teilnehmerinnen entscheiden sich später für ein Studium oder eine Ausbildung im MINT-Bereich. Die Einbeziehung von Aspekten der Digitalisierung in das Niedersachsen-Technikum kann es den Abiturientinnen ermöglichen, ihre Kompetenzen in diesem Feld zu stärken. Dazu gehören zum Beispiel die App-Entwicklung oder das Programmieren. Für die Lehrenden bzw. Unternehmen bedeutet das, ausgewählte Beispiele zur Digitalisierung in den MINT-Fächern vorzustellen und Gender- und Diversity-Aspekte einzubeziehen. Es kommt dabei vor allem darauf an, Rollenvorbilder vorzustellen, Themen auszuwählen und Methoden zu erproben, die sich an den Interessen junger Frauen orientieren.

Aufgrund der digitalen Transformation entstehen neue Berufe. Robotisierung, Automatisierung und Flexibilisierung nehmen zu. Diese Prozesse wirken sich unterschiedlich auf die Geschlechter aus. In einer überwiegend von Männern geprägten Welt der Ingenieurdisziplinen und der Informationstechnik bilden Frauen eine Minderheit. Die Gestaltung der Digitalisierung bleibt eine Männerdomäne. Das liegt sowohl an der immer noch zu geringen Zahl der Absolventinnen der MINT-Studiengänge als auch an dem Mangel von Frauen in Führungspositionen. Dabei kann die Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt auch eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und damit eine bessere Ausschöpfung des Fachkräftepotenzials bedeuten: Modelle wie Home Office und Mobile Working bieten Männern wie Frauen die Möglichkeit, ein höheres Gleichgewicht zwischen Familie und Erwerbstätigkeit herzustellen. Dazu müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung aktiv erschlossen und gestaltet werden. Damit die Chancen der digitalen Transformation Allen zugutekommen, müssen Frauen sie stärker mitgestalten. Um das zu können, müssen qualifizierte Frauen schon durch im Studium die nötigen digitalen Kompetenzen erwerben. Um diesem Ziel strategisch näherzukommen, sind Sie heute hier. Damit treiben Sie zentrale Anliegen der Landesregierung voran. Deshalb unterstützen wir die heutige Fachtagung mit Freude – übrigens auch finanziell."

*Es gilt das gesprochene Wort.

Mit dem Titel „Integration digitaler Kompetenzen unter Gender- und Diversity-Aspekten“ lud das Niedersachsen-Technikum am 18. März 2019 im Lichthof der Leibniz Universität Hannover erstmalig zu einer Fachtagung ein. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der LandesHochschulKonferenz Niedersachsen (LHK) und der Landeskonferenz Niedersächsischer Hochschulfrauenbeauftragter (LNHF) organisiert und vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert. Der Schwerpunkt der Tagung lag auf Gender- und Diversity-Aspekten bei der chancengerechten Mitgestaltung der Digitalisierungsprozesse an Hochschulen und Universitäten. Im Fokus standen die erforderlichen Kompetenzen in der Studienorientierungs- und Studieneingangsphase sowie in Praxisprojekten in Lehre und Forschung. Zu dieser Thematik diskutierten etwa 100 Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Hochschulen, sowohl Lehrende als auch Studierende, wie auch aus Organisationen und Verbänden.

Moderatorin Carmen Hentschel führte mit ihrer Expertise für Digitalisierung durch die Fachtagung. Sie lud die Gäste zunächst zu einem Brainstorming mit einem interaktiven Online-Tool ein. Das Ergebnis war eine Wortwolke mit allen Begriffen, die die Teilnehmenden mit Digitalisierung in Verbindung brachten - je größer das Wort, desto häufiger wurde es genannt.
 
Volker Epping, Präsident der Leibniz Universität Hannover, hieß die Gäste willkommen. Minister Björn Thümler, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, Wolfgang-Uwe Friedrich, Vorsitzender der Landeshochschulkonferenz Niedersachen sowie Silvia Lange, Vorstand Landeskonferenz Niedersächsischer Hochschulfrauenbeauftragter führten mit ihren Grußworten in die Fachtagung ein. 

Christine Regitz, Vice President User Experience in der Anwendungsentwicklung der SAP SE, gab einen Einblick in die Zukunft der Arbeit unter dem Einfluss der Digitalisierung. Dabei plädierte sie dafür, die Auswirkungen der Transformation nicht zu unterschätzen und stellte die Wichtigkeit des innovativen, agilen Denkens und Handelns heraus. Vor allem die Mensch-Roboter-Kollaboration würde die zukünftige, sehr schnelllebige Arbeitswelt bestimmen, was ein lebenslanges Lernen erfordere. Sie kam zu dem Schluss, dass die digitale Transformation nicht nur die Arbeitswelt verändern wird, sondern auch eine Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Wertewandel bedingt.

Die anschließende Podiumsdiskussion gab den Rahmen für eine anregende Diskussion, bei der verschiedene Sichtweisen aus Politik, Wirtschaft und Hochschulen diskutiert wurden. Erörtert wurden unter anderem Fragen rund um die Kompetenzen der Gruppe der „digital natives“, um Bedarfe der Wirtschaft und um Fragen der digitalen Bildung. Auf dem Podium vertreten waren:

•    Staatssekretärin Dr. Sabine Johannsen - Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
•    Prof. Dr. Norbert Lossau - Vizepräsident Georg-August-Universität Göttingen
•    Michael Boberach - Direktor Kantar TNS
•    Christine Regitz - Vice President User Experience in der Anwendungsentwicklung der SAP SE
•    Prof. Dr. Martina Schraudner - Vorstand acatech, Leiterin Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation
•    Prof. Barbara Schwarze - Professorin Gender und Diversity Studies Hochschule Osnabrück
Moderation: Carmen Hentschel

Da die Diskussion in Form einer Fishbowl stattfand, bestand für die Gäste die Möglichkeit, sich der Diskussion auf dem Podium anzuschließen, um eigene Sichtweisen einzubringen und neue Argumente darzulegen. Dieses Angebot wurde vom Publikum rege genutzt. So traten unter anderem zwei ehemalige Teilnehmerinnen des Niedersachsen-Technikums der Diskussion bei, um über ihre persönlichen Erfahrungen und ihre Entscheidung für einen MINT-Studiengang in der Informatik zu berichten. Dabei wurde deutlich, dass ihre MINT-Vorbilder unter anderem aus dem familiären Umfeld stammten und praktische Einblicke in den oftmals als abstrakt angesehenen Studien- und Arbeitsbereich der Informatik einen großen Einfluss auf ihre Biographie hatten.

Der folgende Tagungsabschnitt bot Raum zum Netzwerken und Austausch an Ständen verschiedener Organisationen und Institutionen. Vertreten waren das Niedersachsen-Technikum, die Koordinierungsstelle für Studieninformation und-beratung in Niedersachsen mit ihren beiden Initiativen Studieren in Niedersachsen und MINT in Niedersachsen, die Landesarbeitsgemeinschaft der Einrichtungen für Frauen- und Geschlechterforschung in Niedersachsen, das Kompetenzzentrum für Technik, Diversity und Chancengleichheit e.V. und das Projekthaus Zukunft MINT. Darüber hinaus präsentierten Tagungsteilnehmende ihre Projekte und Initiativen in Form von Steckbriefen. Diese stehen Ihnen im Reiter Steckbriefe auf der Fachtagungsseite zum Download zur Verfügung.

•    Chancen und Herausforderungen durch digitale Technologien beim Abbau kommunikativer Barrieren in der Kulturgesellschaft für Menschen mit Hörbehinderungen – Universität Hildesheim

•    Entwicklung eines virtuellen IT-Berufs- und Studienorientierungsangebots für Frauen (BeSt F:IT) – Universität Hildesheim

•    Förderung von Studentinnen in der Studieneingangsphase am Institut für Informatik – Georg-August-Universität Göttingen

•    Gender-/Diversity-Kompetenz in der digitalen Bildung – Der Blick auf Lehre und Lehrende – Universität Hildesheim

•    „Probieren geht über und Studieren: Stipendien für zukünftige Wirtschaftsinformatikerinnen“ – Georg-August-Universität Göttingen

•    Smart fashion – Dein Outfit hat Zukunft – Hochschule Hannover

•    Summer School „Women in Health and Computer Science“ im Rahmen des Projektes HiGHmed – Medizinische Hochschule Hannover

•    Thementag Digitalisierung im Niedersachsen-Technikum – Niedersachsen-Technikum

•    Wissenschaftsbasierte Lehre im Zeitalter der digitalisierten Medizin – Erstellung eines fach- und jahrgangsübergreifenden Curriculums zu Digitalisierung und Wissenschaftlichkeit im Humanmedizinstudium (DigiWiss-Med) – Medizinische Hochschule Hannover

Zu Beginn des zweiten Teils der Tagung sprach Martina Schraudner, Mitglied des Vorstands acatech und Leiterin des Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation zum Thema: „Neue Rahmenbedingungen für Universitäten – die Chance digitale Kompetenzen gender- und diversitysensibel zu integrieren“. Sie stellte heraus, dass der Transfer in Innovationsökosystemen neu zu denken sei und die Notwendigkeit bestehe, verschiedenste Akteurinnen und Akteure mit einzubeziehen. Dafür sollten partizipative Konzepte entwickelt und integriert werden. Sie hob hervor, dass soziale Innovationen zum Ausgangspunkt gemacht werden müssen.

Anschließend fanden drei thematische Foren statt. Innerhalb der einzelnen Foren wurden themenspezifische Vorträge gehalten und Projekte vorgestellt sowie einzelne Steckbriefe präsentiert. Anschließend gab es Raum für Fragen und anregende Diskussionen.

Forum I: Chancengleichheit im Zugang zu digitalen Technologien und zur Entwicklung digitaler Kompetenz

Ira Diethelm ging in Ihrem Impulsvortrag zunächst auf die geschlechtsspezifischen sowie sozioökonomischen Unterschiede bei der Nutzung von Computern und die damit verbundenen Kompetenzen von Schüler*innen ein. Diethelms Anliegen war es zu zeigen, dass digitale Bildung ein Grundrecht und fester Bestandteil in der Schulbildung sein muss, damit Schüler*innen in die Lage versetzt werden, ein selbstständiges und mündiges Leben in einer digitalisierten, demokratischen Welt zu führen. Dabei müssten auch Lehrkräfte mit in die Verantwortung einbezogen werden. Des Weiteren führte sie auf, dass digitale Kompetenzen für Schüler*innen entgegen vieler Meinungen bereits klar definiert seien. Die Entwicklung digitaler Kompetenzen sei für eine Sicherung der Chancengleichheit beim Gestalten der digitalen Welt unbedingt notwendig.

An den Vortrag anknüpfend stellte Michael Boberach die Studie der Initiative D21 zum Digitalisierungsgrad der deutschen Gesellschaft und den D21 Digital Index 2018/2019 vor. Dabei lenkte er die Aufmerksamkeit auf geschlechterspezifische Unterschiede und präsentierte die vier Säulen des Digital Index: Den Zugang zur Digitalisierung, das Nutzungsverhalten in der digitalen Welt, die digitale Kompetenz sowie die Offenheit gegenüber Digitalisierung. Er kam zum Schluss, dass es nach wie vor Unterschiede zwischen Männern und Frauen gebe, diese aber geringer würden. Vor allem junge Frauen glichen sich in Zugang, Nutzung und Offenheit immer mehr den Männern an. Jedoch würden Frauen noch immer deutlich hinter Männern zurückliegen, sobald technische Kompetenzen gefragt seien.

Abschließend stellte Sude Peksen ihre Forschung zu digitalen und klassischen Informationsquellen bei der Studienwahl von Informatikstudierenden vor. Dabei widerlegte sie zuerst die Annahme, dass die Bildungsexpansion zu einer steigenden Heterogenität an Hochschulen führe und zeigte die geschlechterspezifische Segregation bei der Studienwahl auf. Zu den Gründen, warum Frauen nicht so stark in MINT Studiengängen vertreten seien, nannte sie unter anderem mangelnde Informationen zu Studienprogrammen und Fehlannahmen bezüglich des MINT-Bereichs. Das Fazit der Vortragenden lautete, dass Studierende bei der Studienwahl sowohl digitale als auch klassische Informationsquellen verwendeten und diese meist als (sehr) hilfreich bewertet würden - von Studentinnen positiver als von Studenten. Auch konnten keine größeren signifikanten Unterschiede zwischen Studentinnen und Studenten bei der Nutzung und Bewertung von Informationsquellen festgestellt werden.

Die anschließende Diskussion zeigte auf, dass vor allem der fehlende Zugang zu Technik und Informatik junge Frauen daran hindere, sich schon früh digitale Kompetenzen über die alltägliche Nutzung von Internet und Social Media hinaus anzueignen und sich im weiteren Verlauf ihrer Ausbildung für ein Studium im MINT-Bereich zu entscheiden. Das läge zum einen daran, dass das Schulfach Informatik kaum angeboten werde. Der Kontakt in der Schule sei für die Interessenentwicklung aber besonders wichtig. Ebenso spielten Role-Models für Frauen eine große Rolle, da sie – häufiger als ihre männlichen Kollegen - eine neue Lebenswelt mit Nutzen und Anwendungsbezogenheit aufzeigten und dadurch die Sinnhaftigkeit darlegten. Zum anderen sei der Drang, sich geschlechtsspezifischen Stereotypen anzupassen, mitverantwortlich für die Herausbildung von Interessen. Vor allem die Werbung habe einen großen Einfluss auf die Geschlechterstereotype. Ebenso führten genderspezifische Designs in den Arbeitsbereichen, die die Digitalisierung mitgestalten dazu, dass Frauen gar nicht erst eine Affinität zu Technik entwickelten oder sich in besagten Arbeitsbereichen einbringen wollten.

Forum II: Vermittlung digitaler Kompetenz in der Studienorientierungs- und Studieneingangsphase unter Gender- und Diversityaspekten (u.a. in Propädeutika wie dem Niedersachsen-Technikum)

Barbara Schwarze und Judith Bräuer stellten das MINT-Berufsorientierungsprogramm Niedersachsen-Technikum vor, dessen Konzept durch die Verbindung von Unternehmenspraxis und Schnupperstudium besonders nachhaltig bei jungen Frauen wirkt. Neu integriert in das Technikum wurde 2019 ein Thementag „Digitalisierung“, über dessen Inhalte Theodor Gervens  berichtete. Ziel dieses Tages war es, Selbstwirksamkeit in digitalen Kompetenzen erlebbar zu machen und an Themen anzuknüpfen, die an Interessen von Studieninteressentinnen anknüpfen. So sei laut Gervens das Thema Künstliche Intelligenz und Neuronaler Netze ebenso auf besonderes Interesse gestoßen, wie die Entwicklung einer App.

Miira Hill und Johannes van Deest schlossen an mit der Vorstellung des DataX Modells der Leuphana Universität, das durch den Stifterverband gefördert wird. Das Programm baut auf dem Konzept des Komplementärstudiums der Universität auf, das keinen fachlichen Studieneinstieg, sondern die Module „Verstehen“, „Methode“ und „Verantwortung“ im ersten Semester vorsieht. Die Erlernung kritischen Denkens und der Einblick in verschiedene Fachrichtungen stehen hier im Fokus. Mit dem Komplementär-Programm DataX sollen nun auch Digitalisierungsthemen aufgegriffen werden. Das Erlernen des Umgangs mit Daten, die Vermittlung von Daten-Kompetenzen ist Element des zusätzlichen Moduls. Das Konzept nutzt diverse didaktische Methoden und soll in Teilen auch monoedukativ ausgerichtet werden.

Wie der Anteil an Frauen in der IT mit einem plattformbasierten Orientierungsangebot erhöht werden kann, veranschaulichten Charlotte Schiller und Carsten Wenzel  mit der Vorstellung des BMBF-Forschungsprojekts „Entwicklung eines virtuellen IT-Berufs- und Studienorientierungsangebots für Frauen (BeSt F:IT)“. Die regional adaptive Onlineplattform für Schüler*innen der Stufen 9 bis 13 besteht aus „Handlungsorientierter Erprobung“, „Rollenmodellen“ und „Assessments“ und soll stereotype Vorstellungen zu den IT-Berufsfeldern aufbrechen, analoge sowie digitale Berufs- und Studienorientierungsangebote miteinander verbinden und insbesondere das informationstechnische Fähigkeitsselbstkonzept fördern.

Forum III: Implementation von Gender- und Diversityaspekten in digitale Praxisprojekte in Lehre und Forschung

Corinna Bath veranschaulichte in Ihrem Vortrag „Techno-soziale Digitalisierungsprozesse verantwortlich gestalten: Geschlechterforschung und Partizipation“ typische Probleme digitaler Technikgestaltung und wie diesen mit Hilfe partizipativer Methoden und Projekte entgegengewirkt werden kann. Hier nannte sie eine Reihe erfolgreicher Ansätze.

Das von Eva Nolte und Karsten Morisse  vorgestellte Konzept „Inverted Classroom – Die Methode für vielfältiges Lernen und Lehren?“ diskutierte anschaulich die Methodik des ICM-Frameworks unter Einbezug diversitätsorientierter Lehre. Morisse und Nolte stellten heraus, welche Anforderungen an Material und Inhalten, an die Methodik und die Partizipation Diversitätsorientierung im ICM gestellt werden.

Zu den Erkenntnissen dieses Forums zählte insbesondere, dass die vorhandenen Strukturen in der interdisziplinären Zusammenarbeit angepasst und gefordert werden müssen, da dieses eine Voraussetzung für die Umsetzung von Diversität in Lehre und Forschung an deutschen Hochschulen darstellte. Ebenso sei die Integration von gender- und diversity-relevanten Fragestellungen in der Lehre wichtig, um Ausgrenzungsaspekten in der Gesellschaft entgegenzuwirken. Die Vielzahl von bestehenden Ansätzen (Partizipativer Ansatz: Einbezug von Nutzer*innen, e-Learning: technischer Ausgangspunkt) sollte in einer Veröffentlichung von Best Practice Beispielen dargestellt werden.

Fazit
Die Tagung zeigte eindrücklich, wie intensiv sich Universitäten und Hochschulen bereits mit dem Thema Digitalisierung unter Gender- und Diversity-Aspekten befassen. Der Austausch zu theoretischen Ansätzen, Faktenhintergrund und Praxismodellen wurde in den Rückmeldungen der Teilnehmer*innen besonders begrüßt.